Das Länderportfolio des Swiss EP besteht aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nord-Mazedonien, Serbien, Peru und Vietnam, für die neue Phase kommt auch der Kosovo hinzu. Im Interview erzählt die Projektleiterin Teresa Widmer, worin die Chancen und Herausforderungen der kommenden vier Jahre liegen.
Das Swiss EP fördert Start-up-Ökosysteme. Wieso ist es wichtig, die Start-up-Szenen zu unterstützen?
Teresa Widmer: In unseren Fokusländern gibt es viele fähige Leute mit guten Geschäftsideen. Allerdings ist es schwer, eine Firma ohne jegliche Unterstützung zu gründen und erfolgreich im Markt zu verankern. Vor allem sind der Erfahrungsaustausch und das gegenseitige Lernen wichtig. Genau hier setzt das Swiss EP an. Wir schauen, wo und wie unsere Partnerorganisationen Unterstützung benötigen, vernetzen die richtigen Leute miteinander und bringen erfolgreiche Start-up-Experten aus dem Ausland, welche die Organisationen in ihrer Entwicklung gezielt unterstützen, neue Ideen und Inspiration geben können. Wachstumsorientierte Start-ups in der Frühphase profitieren von verbesserten Angeboten und sind besser gerüstet, ihre Firma aufzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen und einen Mehrwert für die lokale Wirtschaft zu generieren.
Worin war das Swiss EP in den letzten vier Jahren besonders erfolgreich?
Unseren Partnern konsequent die Verantwortung für ihre eigene Entwicklung und die ihres lokalen Ökosystems zu überlassen und nicht als Programm die Richtung vorzugeben. Sie leiten an, wir unterstützen. Dank sehr guter Beziehungen auf Augenhöhe, mit einem starken, lokal verankerten Team, sind wir zu einem vertrauensvollen Ansprechpartner geworden. Der zweite Erfolgsfaktor ist, dass wir das richtige Angebot haben: Gründer von ähnlichen Organisationen und Start-up-Expertinnen und -Experten aus weiter entwickelten Ökosystemen, die ihre eigene Erfahrung einbringen und neue Möglichkeiten aufzeigen. Im Laufe der vier Jahre ist es uns gelungen, lokale und internationale Organisationen in weit stärkerem Masse miteinander zu vernetzen, als dies bei Programmbeginn erwartet werden konnte.
Und wie geht es in der nächsten Projektphase weiter?
Grundsätzlich ändern wir nicht viel, wir sehen ja die positiven Wirkungen aus der ersten Phase. Das Hauptaugenmerk liegt weiterhin auf drei Pfeilern: erstens der individuellen Begleitung unserer Partner hin zu starken Organisationen; zweitens weiterhin ihre Kooperation und Vernetzung zu fördern – die Grundlage für jedes erfolgreiche Startup-Ökosystem; und drittens Zugang zu Early Stage Investitionskapital zu ermöglichen. Hier arbeiten wir sowohl auf der Angebotsseite an der Professionalisierung lokaler, privater Investoren als auch nachfrageseitig, indem wir unsere Partner unterstützen, Start-ups fit für Investoren zu machen.
Worin liegen die Herausforderungen für die nächsten vier Jahre?
Eine Herausforderung in allen Projektländern ist es, unsere Partnerorganisationen zu unterstützen, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Durch den Austausch mit Gründern von ähnlichen Organisationen, die bereits erfolgreich am Markt operieren, lernen unsere Partner verschiedene Business-Modelle kennen und erhalten wertvolle Unterstützung bei der Implementierung ihrer Start-up Programme. Wichtig ist, dass die Organisationen ihre Einkommensquellen diversifizieren. Leider sehen wir öfters, dass das Geschäftsmodell darin besteht, internationalen Geldern hinterherzulaufen. Das ist nicht nachhaltig. Eine weitere Herausforderung liegt in der Mentalität. In unseren Programmländern ist ein Scheitern oft eine schwere Bürde. Daher gehört noch mehr Mut dazu, eine neue Idee umzusetzen. In allen Ländern fehlt es zudem an Early-stage-investment, also an Finanzierungsmöglichkeiten in der Frühphase des Unternehmensaufbaus. In Peru und Vietnam gibt es zwar schon Netzwerke von Angel-Investoren, aber das Wissen, wie man ein gutes Portfolio aufbaut, fehlt. Auch hier bringt das Swiss EP über erfahrene Investorinnen und Investoren das Know-how in die Länder, wie man Start-ups evaluiert und strategisch investiert.
Worin unterscheidet sich das Swiss EP von anderen Entwicklungsprojekten?
In erster Linie durch die Zielgruppe: wachstumsorientierte Startups im städtischen Raum – gegründet von Menschen mit einem hohen Bildungsniveau, die sich aus der Komfortzone bewegen und das Risiko eingehen, ihre Idee umzusetzen. Zudem hat unser Programm keinen Sektor-Fokus vorgegeben wie andere Projekte, weil die Partner das selbst entscheiden müssen und Geschäftsideen überall entstehen können. Weiters haben wir die Flexibilität, auf neue Möglichkeiten aus den Ökosystem flexibel zu reagieren. Da muss ich unseren Auftraggebern vom SECO ein grosses Kompliment aussprechen. Sie haben es gewagt, ein relativ offenes Projekt aufzusetzen und sehr pragmatisch zu bleiben. Es ist schön zu sehen, dass das SECO mit dabei ist auf der Lernreise, auf der wir uns als Programm-Team befinden. Das SECO setzt hier ein Beispiel, wie auch andere Geber in Zukunft Projekte gestalten könnten.
Das klingt nach einer besonderen Dynamik. Spiegelt sie sich auch in der Projektleitung wider?
Eine Stärke des Swiss EP Teams ist es, agil und flexibel zu agieren und Chancen, die sich auftun, kurzfristig zu packen. Unser Projektteam hat den Lean Start-up-Ansatz verinnerlicht. Das heisst, dass wir ausprobieren und rasch evaluieren, verbessern oder zur nächsten Idee übergehen, wenn etwas nicht funktioniert hat. In diesem dynamischen Umfeld der Start-up Communities sind wir zum Beispiel davon abgekommen, fixe Jahrespläne zu erarbeiten und messen den Erfolg nur über wenige Key Performance Indicators.
Was kann das Swiss EP bewirken?
Wir bringen gleichgesinnte Leute zusammen, die gemeinsam mehr bewegen können. Durch das Zusammenbringen lokaler Partner, und die Zusammenarbeit mit internationalen Gründern und Organisationen tragen wir langsam, aber stetig zu einem Wechsel der Mentalität bei. Damit können wir auf lokaler Ebene Rollenmodelle stärken und bekannt machen, die andere inspirieren, auch ein eigenes Unternehmen zu gründen. Jedes Ökosystem macht die gleichen Entwicklungsschritte durch. Unser Programm kann diese Schritte beschleunigen und helfen, Fehler zu vermeiden. Durch die internationalen Kontakte fördern wir zum Beispiel die Internationalisierung der Ökosysteme– ein wichtiger Schritt mit der Folge, dass manche Experten längerfristig wichtige Rollen übernehmen, zum Beispiel im Advisory Board von Organisationen oder Start-ups; als Mentoren oder Jury Mitgliedern in Start-up Programmen – oder etablieren sogar physische Präsenz in den Ländern. Das alles trägt zur Stärkung der lokalen Ökosysteme bei – damit hoffentlich viele weitere Gründungen getätigt werden, Firmen wachsen und damit Arbeitsplätze schaffen.
Greg Mitchell, Ruta Startup, Peru (Blog-Artikel)
Pham Duy Hieu, Vice President Startup Vietnam Foundation (SVF):
«Swiss EP ist die Brücke, die das vietnamesische Start-up-Ökosystem mit der Welt verbindet. Swiss EP hat das junge SVF-Team aktiviert und unsere Entwicklung beschleunigt, indem es uns neugieriger, abenteuerlustiger, leidenschaftlicher und engagierter gemacht hat. Auf dieser Reise sind alle Teammitglieder gewachsen.»
Svetlana Kordumova, Gründerin von Pixyle, Nordmazedonien:
«Der Aufbau einer Start-up-Community ist sehr wichtig für ein gesundes Ökosystem, und ein gesundes Ökosystem hilft Start-ups beim Wachstum. Swiss EP bringt nicht nur exzellente Expertinnen und Experten, die den Start-ups mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen helfen, sondern baut auch eine Community von Start-ups auf, indem es Veranstaltungen organisiert, bei denen man sich trifft, diskutiert und Erfahrungen austauscht. Swiss EP gibt den Start-ups in Mazedonien die grossartige Gelegenheit, an Präsentationen teilzunehmen oder sich mit Experten aus verschiedenen Bereichen zu treffen. Wir bei Pixyle freuen uns über diese Chance und auf viele weitere Expertengespräche.»
Daniel Barrueto, Co-Founder & CEO at Haystack TV, USA/Peru:
«Ich habe mich gefreut, an den Veranstaltungen von Startup Peru und Swiss EP teilzunehmen. Ich lebe seit 20 Jahren in den USA und es ist das erste Mal, dass ich an einer Start-up-Veranstaltung in Lima teilnehme. Was das Swiss EP tut, ist wirklich wertvoll für das Ökosystem, insbesondere weil Unternehmerinnen und Unternehmern der Zugang zu einem breiteren Netzwerk ermöglicht wird.»